American Football im neuen Stadion – Interview mit den Oldenburg Knights

Für ein neues Oldenburger Stadion gibt es zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten auch über den Fußball hinaus. Aber ob sich neben dem VfB Oldenburg eine weitere Spitzensport-Mannschaft als regelmäßiger Nutzer findet, war bislang unklar. Das änderte sich mit einem Artikel in der NWZ, in dem die Oldenburg Knights, die American Football Mannschaft des VfL Oldenburg, ihr Interesse äußerten, in einem neuen Stadion zu spielen. 

Als Initiative sind wir seit jeher Verfechter einer vielfältigen Nutzung eines neuen Stadions und so waren wir über dieses Interesse sehr erfreut. Wir haben darum das Gespräch gesucht und wollten inhaltlich noch ein wenig tiefer gehen als die NWZ. Im folgenden Interview mit einem der Geschäftsführer der Knights lesen Sie, wie die vergangene Saison in der GFL2 lief, wie sich American Football in Deutschland entwickelt, welche Ziele die Knights sich setzen und welche Wünsche die Knights an eine neue Arena stellen.

Theodor Bräutigam, bis 1997 selber aktiver Football-Spieler in der GFL1 und GFL2, ist seit der ersten Stunde bei den Oldenburg Knights engagiert. Aktuell ist er als einer von drei Geschäftsführern der GO.KNIGHTS Football GmbH für den Bereich Sales und Marketing zuständig.

Vielen Dank, dass Sie Zeit für uns haben, Herr Bräutigam. Als Erstes möchten wir Ihnen zum Aufstieg und letztendlich auch dem Klassenerhalt in der GFL2 gratulieren. Wie war es, in diesem Jahr in der zweithöchsten deutschen Liga zu spielen?

Die letzte Saison war für uns sehr turbulent, wie eine Achterbahnfahrt. Wir hatten gedacht, dass wir zu Anfang der Saison unsere Hausaufgaben gemacht hätten, aber nach zwei oder drei Spielen haben wir gemerkt, dass doch noch so ein paar Aufgaben da sind. Man muss wissen, dass wir als Mannschaft drei Jahre lang um den Aufstieg gekämpft haben. Damit hatten wir ein Team, das es nicht gewohnt war, in Rückstand zu geraten oder zu verlieren. Zuvor wurden pro Saison 1-3 Spiele verloren. Den Rest haben wir deutlich gewonnen oder sogar dominiert.

Foto: Thorsten Lösche, Oldenburg Knights (2023)

Nun spielten wir in der 2. Bundesliga und eigentlich wollten wir diesen Gedanken nicht denken, aber irgendwie war es doch verankert, dass es immer so weiter geht. Dann stellt man fest, hoppala, dem ist ja gar nicht so und dann fängt die Suche nach einer Lösung an. Erschwerend kam hinzu, dass wir unseren Headcoach mitten in der Saison aufgrund gesundheitlicher Probleme ersetzen mussten. Aber mit Glück und der Schützenhilfe aus Münster haben wir es am Ende geschafft, in der GFL2 zu bleiben.

Wir haben unsere Erfahrungen aus der Saison gut dokumentiert und sind nahtlos nach unserem letzten Spiel in die Planung der kommenden Saison eingestiegen.

Dann freuen wir uns mit auf die nächste Saison. Wie steht es denn insgesamt um American Football in Deutschland? Unser Eindruck ist, dass es nach einem “Hype” um die Jahrtausendwende wieder stiller um den Sport geworden ist, bis es in den letzten Jahren wieder merkbar aufwärts ging. Zuletzt ließen die Millionen Ticketanfragen für die NFL-Gastspiele in München und Frankfurt aufhorchen. 

Aufgrund meines Alters habe ich schon mehr dieser “Ups & Downs” erlebt. Im Ursprung habe ich in den 90ern die Frankfurt Galaxy im Waldstadion erleben dürfen, das war so der erste Hype, den es in Deutschland gab. Danach gab es einiges an Auf und Ab und auch ein paar Versuche der NFL, in Europa ein Projekt zu starten. 

Heute haben wir die Situation, dass sich vor drei Jahren die ELF, die European League of Football, gegründet hat – eine weitere Top-Liga neben der GFL, die europaweit spielt. Dann hat sich die NFL entschieden, mit ihren Europa-Spielen den Sprung von London nach Deutschland zu machen, was für einen riesigen Hype gesorgt hat. Und diese Welle versuchen wir in allen möglichen Bereichen zu reiten. 

Dazu hat sich durch die Digitalisierung – vor allem durch Social Media – das ganze Vermarkten von Spielen vereinfacht. Ist das Budget auch noch so klein, man kann die Social-Media-Kanäle gut füttern und wir haben eine große, etablierte Fanbase in Deutschland, die jetzt einfach Gehör bekommt. 

Und wie sieht es konkret in Oldenburg aus?

Wir merken dieses Interesse auch in Oldenburg. Gerade jetzt, wenn es auf den Superbowl zugeht. Unsere Superbowl-Party im Vapiano läuft schon gut im Vorverkauf.

Wir haben uns aber in der letzten Saison zu sehr darauf ausgeruht, dass die Zuschauer von alleine kommen. Dem ist aber nicht so. Aber das ist auch gut, man muss sich um seine Fanbase ordentlich kümmern und bekommt so ein direktes Feedback, wie gut die eigene Öffentlichkeitsarbeit ist und woran gedreht werden muss.

Zuletzt wurden in der NWZ sehr ambitionierte Ziele formuliert, wo soll denn die Reise mit den Knights hingehen?

Seit ich bei den Knights aktiv bin, hatten wir eigentlich immer eine Roadmap, die klar nach oben zeigt. Wir spielen diesen Sport nicht nur, um mitzuspielen, wir wollen Erfolge feiern. Wir haben für uns klar definiert, dass wir in den nächsten 3-5 Jahren in die GFL1, die höchste deutsche Liga, aufsteigen wollen. Wobei wir auch überlegen, ob die europäische ELF eine Alternative dazu sein kann. 

Foto: Thorsten Lösche, Oldenburg Knights (2023)

Letztes Jahr haben wir uns den Klassenerhalt zum Ziel gesetzt. Diese Saison soll es der sichere Klassenerhalt sein, vielleicht auch ein Platz im Mittelfeld. Wir bilden uns nicht ein, dass wir um den Aufstieg mitspielen. Wenn es so kommt, würden wir uns nicht dagegen wehren, aber ich glaube, wir sind noch nicht so weit. Das ganze Umfeld muss für die nächsthöhere Liga bereit sein. Man muss sich da immer professioneller aufstellen, es werden hohe Ansprüche an Logistik, Ticketing, IT-Sicherheit und Automatisierung gestellt und da braucht man gute Partner.

Was sind Ihre Ziele im Zuschauerzuspruch? Gibt es denn in Oldenburg und der Region überhaupt genügend Potenzial für eine weitere Spitzenmannschaft?

Ich denke ja. Wir haben mit Oldenburg das Glück, dass die anderen höherklassigen American Football Mannschaften aus GFL1, GFL2 oder EFL weiter weg sind. Die nächsten Teams spielen in Hamburg und Braunschweig, Münster ist wieder abgestiegen. Damit haben wir eine strategisch sehr gute Lage.

Wenn ich sehe, dass hier zum Basketball regelmäßig 6.000 Zuschauer kommen, wenn ich sehe, dass die Hamburg Sea Devils zuletzt vor 14.000 Zuschauern gespielt haben, Rostock vor 8.000, dann denke ich, dass wir zwischen 3.000 und 5.000 Zuschauer zu jedem Spiel anziehen könnten. So viele Spiele haben wir pro Saison nicht, das sollten wir hinbekommen. Wenn wir attraktive Spiele bieten und sich der Erfolg einstellt, dann kommen auch entsprechend viele Zuschauer. 

American Football ist auch ein anderes Zuschauererlebnis, es ist ein Familienfest. Selbst in der NFL sitzen die Fans der einzelnen Teams gemischt im Block und man haut sich trotzdem nicht gegenseitig den Plastikbecher um die Ohren, es gibt viel Angebot um das Spiel herum, zum Beispiel das Tailgating vor dem Spiel. (Anm. d. Red.: Grillen und Feiern auf dem Stadion-Parkplatz, vor der offenen Kofferraumklappe – tail gate)

Die Knights spielen aktuell wie der VfB Oldenburg im städtischen Marschwegstadion. Welche Grenzen setzt die Infrastruktur den Plänen der Knights?

Zum einen ist das die weite Entfernung der Zuschauer zum Spielfeld durch die Tartanbahn. Zum anderen sind das die Umkleidekabinen und auch die Lagermöglichkeiten, die wir uns auch mit dem VfB Oldenburg teilen müssen. Wenn Sie ein Fußball-Team nehmen, dann sind das vielleicht 20 Spieler und ein paar Trainer und Physiotherapeuten. Im Football besteht allein das Team aus 40-50 Spielern, dann haben Sie nochmal zwischen 8 und 12 Coaches, 3 bis 4 Physiotherapeuten, Waterkeeper und so weiter. Und das für jede Mannschaft. 

Warum haben sich die Knights letztendlich für einen Stadion-Neubau ausgesprochen?

Wir partizipieren von unterschiedlichen Dingen. Wenn wir im Marschwegstadion bleiben und der VfB geht raus, haben wir allein dadurch schon einen Vorteil. Und wenn wir die Möglichkeit bekommen, in dem neuen Stadion zu spielen, dann profitieren wir von der Anziehungskraft, die ein neues Stadion, ein reines Fußballstadion ohne Tartanbahn entwickelt. Da wären wir ja schlecht beraten, wenn wir uns dieser Möglichkeit verschließen würden. 

Und wenn ich es als Bürger betrachte, für den Sport in Oldenburg insgesamt und für die Attraktivität der Stadt, muss ich mich auch für ein neues Stadion aussprechen. Andernfalls würde ich ja ein ganz klares Signal geben, dass wenn du höherklassigen Fußball spielen möchtest, lieber Athlet oder liebes Team, dann geh woanders hin aber komm nicht zu uns.

Nehmen wir mal an, das neue Stadion wird wirklich gebaut. Was müsste dort vorhanden sein, damit es auch ein idealer Standort für American Football wird? Außer ausreichenden Lagermöglichkeiten?

Herr Oberbürgermeister Krogmann und ich haben dahingehend schon zweimal telefoniert. Das Spielfeld muss für Football ein anderes Format haben, als beim Fußball. Denn selbst wenn wir im neuen Stadion spielen wollen, aber die Spielfeldgröße kann nicht eingehalten werden, dann dürfen wir dort nicht spielen. Dann wäre es wichtig, dass die Hülsen für das Aufstellen der Football-Tore vorhanden sind.

Ein Spielfeld im American Football ist 120 Yards (109,7m) lang und 53,3 Yards (48,7m) breit. Ein Fußballfeld darf nach internationalen Standards 100-110m lang und 64-75m breit sein. Der DFB empfiehlt eine Größe von 105x68m. Die 2017 erstellte Machbarkeitsstudie für das Stadion folgt dieser Empfehlung und geht inklusive der Seitenaus- und Sicherheitsbereiche von einer Gesamt-Rasenfläche von 115 x 74 m aus. Das sollte also passen.

Dass die Umkleidekabinen zeitgemäß sein werden, davon können wir sicher ausgehen. Wir wollen auch nicht fordern, dass ein ganzes Football-Team in eine Kabine passt, das wäre vermessen. Aber es wäre gut, wenn ein geschickter Kompromiss aus Flächen und Räumlichkeiten für Teams und Ausrüstung gefunden werden kann. 

Es wäre gut, wenn das Stadion nicht in den Farben eines einzelnen Vereins gestaltet wäre, sondern auch optisch für alle Nutzer offen stände. 

Zuletzt würden wir uns darüber freuen, wenn um das Stadion ausreichend Flächen für eine richtige Tailgate-Party vorhanden wären, so dass man wie in den USA ein richtiges Fest für alle daraus machen kann. 

Am neuen wie am alten Standort würden sich die Knights das Stadion mit dem VfB Oldenburg teilen. Wie läuft denn das Nebeneinander bislang? 

Das läuft sehr problemlos. Wir haben gute Kontakte zum VfB. Wir haben den großen Vorteil, dass unsere Saison nahezu dann beginnt, wenn die Saison vom VfB zu Ende ist. Dahingehend hat sich Football terminlich immer sehr gut positioniert.

Lassen Sie uns zum Abschluss ein wenig träumen, wie stellen Sie sich einen richtig guten Spieltag im neuen Stadion vor?

Erstmal gutes Wetter. (lacht) Das Schöne ist ja, dass das Stadion nicht für 40.000 Zuschauer gebaut wird, sondern für erheblich weniger. Und wenn wir dann unser Auftaktspiel dort vor vielleicht 5-6.000 Leuten machen und das Stadion wirklich schön gefüllt ist, dann ist das eine super Kulisse mit einem tollen Geräuschpegel. Da bekommt man eine Gänsehaut, auch wenn man kein Spieler ist.

Vision NordWestStadion mit Football-Feld

Diese schöne Atmosphäre, gepaart mit gutem Wetter, tollen Fans von beiden Seiten und vielleicht noch ein bisschen Unterstützung von ein paar Oldenburger Prominenten, die beim Kickoff dabei sind… dann können alle zeigen, dass man stolz ist, dass man so ein schönes Stadion hat und darin spielen kann, dass man diese Atmosphäre inhalieren darf und dass – egal wie das Spiel ausgeht – jeder sagen kann: “Boah, das war ein Mega-Erlebnis!” So stellen wir uns einen tollen Spieltag im neuen Stadion vor. 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Bräutigam. Wir wünschen Ihnen und den Knights auf jeden Fall viel Erfolg für die kommende Saison.

Titelbild: Thorsten Lösche, Oldenburg Knights (2023)